18.11.2005

Das Holocaust-Mahnmal...


...in Berlin. Wir waren Da!



Copyright: ...

Daten zum Bau des Denkmals
Stelenfeld
Größe des Stelenfelds
19.073 m²
(entspricht knapp zwei Fußballfeldern nach Bundesligastandard)

Abmessungen der Stelen
0,95 m Breite, 2,38 m Länge,
Höhen von 0 bis 4,7 m
Neigungen von 0,5° bis 2°

Zahl der montierten Stelen
2.711 Stelen aus hochwertigem Beton
(selbstverdichtender Beton SVB)

davon
83 Stelen mit Höhen über 4,5 m
220 Stelen mit Höhen von 4 bis 4,5 m
249 Stelen mit Höhen von 3,5 bis 4 m
320 Stelen mit Höhen von 3 bis 3,5 m
232 Stelen mit Höhen von 2,5 bis 3 m
259 Stelen mit Höhen von 2 bis 2,5 m
400 Stelen mit Höhen von 1,5 bis 2 m
469 Stelen mit Höhen von 1 bis 1,5 m
334 Stelen mit Höhen von 0,5 bis 1 m
33 Stelen mit Höhen bis 0,5 m

sowie
112 ebenerdige Stelenplatten
(meist im Straßenland verlegt)

Aufstellung der Stelen
in 54 Nord-Süd-Achsen und in 87 Ost- West-Achsen

Gewicht der größten, 4,7 m hohen Stele
ca. 16 t

Durchschnittliches Gewicht einer Stele
ca. 8 t

Größe der gepflasterten Fläche
ca. 13.100 m²

Pflastermaterial
Betonwerkstein in Sonderanfertigung (Größe 10 x 10 cm)

Beleuchtung des Stelenfelds
180 ebenerdig im Pflaster verlegte Beleuchtungskörper (2,38 m lang, 0,10 m breit)

Zugang für Behinderte, v.a. Rollstuhlfahrer
13 Wegeachsen mit einem Gefälle von max. 8 Prozent, markiert mit rillierten Pflastersteinen und mit gußeisernen Bodenpiktogrammen (Rollstuhlsymbol) an der Grenze zum öffentlichen Gehweg

Baumpflanzungen im Stelenfeld
41 Bäume an der Westseite zur Ebertstraße

davon
11 Geweihbäume (Gymnocladus dioica)
8 Aralien (Aralia spinosa)
7 Schwarzkiefern (Pinus nigra)
7 Linden (Tilia vulgaris)
5 Maiglöckchenbäume (Halesia carolina)
3 Felsenbirnen (Amelanchier laevis)
Ort der Information
Bruttogrundfläche
2.116 m² mit Innen- und Außenwänden,
Treppen und Technikräumen

davon
778 m² Ausstellungsräume
106 m² Vortragsräume
46 m² Buchladen
166 m² Büroräume, Rezeption und Garderobe
Finanzen
Bausumme
27,6 Mio. Euro aus Mitteln des Bundeshaushalts

davon
13,9 Mio. Euro für den Bau des Stelenfelds
10,3 Mio. Euro für den Bau des Orts der Information
1,1 Mio. Euro allgemeine Baukosten

sowie
2,3 Mio. Euro für den Ausstellungsbau und die
Erstausstattung des Orts der Information
Ort der Information
Das Denkmal wird durch einen Ort der Information ergänzt, den der Architekt in der südöstlichen Ecke des Stelenfelds unterirdisch angelegt hat. Dieser über zwei Treppen und einen Fahrstuhl erreichbare Bau mit seiner beeindruckenden Architektur und eigenständigen Formensprache gibt in mehreren z. T. mit Tageslicht beleuchteten Räumen auf ca. 800 Quadratmetern Präsentationsfläche die notwendige Aufklärung über die zu ehrenden Opfer und die authentischen Stätten des Gedenkens.
Eine zentrale Funktion des Orts der Information besteht darin, die abstrakte Form der Erinnerung, die das Denkmal vermittelt, durch Informationen zu den Opfern zu ergänzen. Dazu gehört zum Beispiel, dass an möglichst viele Namen von ermordeten Juden erinnert wird. Die Personalisierung von Erinnerung soll u. a. durch die Darstellung exemplarischer Lebens- und Familiengeschichten erreicht werden.
Der Ort widmet sich auch der Frage nach der Herkunft der zu ehrenden Opfer des Holocaust und versucht, die Ausdehnung des Mordens auf ganz Europa unter Einbezug anderer Opfergruppen zu dokumentieren. Gleichzeitig soll der Ort der Information als ein Portal zur lebendigen und vielfältigen Gedenkstättenlandschaft in Deutschland und Europa dienen.

Das gestalterische Konzept für den Ort der Information
Bei der Gestaltung der Ausstellungsräume beabsichtigte Dagmar von Wilcken, das inhaltliche Konzept in architektonische Vorgaben einzubinden, um so eine ästhetische Einheit beider Elemente zu erreichen.

Im Ort der Information finden die Stelen des Denkmals eine formale Fortsetzung, verlassen hier jedoch ihre abstrakte Ebene und dienen als Informationsträger. Das Raster und die Formensprache des Stelenfeldes werden zitiert, indem ihre ursprüngliche Erscheinung in abgewandelter Form aufgegriffen und variiert wird. In jedem der vier Ausstellungsräume sieht diese Metamorphose anders aus. So wird verdeutlicht, dass sich die Besucher an einem unverwechselbaren Ort befinden, nämlich unterhalb des Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Durch die Funktionswandlung der Stele zum Informationsträger entsteht ein formales Bindeglied zwischen dem Stelenfeld und dem Ort der Information, eine Überleitung von der abstrakten Ebene zur Ebene der konkreten Inhalte.

Im ersten Ausstellungsraum werden Zitate aus Selbstzeugnissen der Opfer und die Darstellung der europäischen Dimension des Holocaust gezeigt. Die Zitate sind auf Glasplatten lesbar, die im Boden eingelassen sind und von unten beleuchtet werden. Jede dieser Glasplatten »spiegelt« in Größe und Plazierung eine oberirdische Stele im Boden wider – als virtuelle Fortsetzung des oberirdischen Stelenfeldes.

Im zweiten Raum »durchdringen« die Stelen des Feldes den Ort der Information von oben. Auf ihnen werden 15 Lebensgeschichten – stellvertretend für das Schicksal vieler jüdisch-europäischer Familien – gezeigt. Die Stelen, die scheinbar durch die Decke in den Ort der Information bis auf eine Höhe von 0,70 m hineinragen, werden ihrerseits wieder von diesen individuellen Lebensgeschichten durchdrungen. Die Hinterleuchtung der Exponate erhellt den Raum. Zusätzlich wirft jede hängende Stele Licht in ihrer Grundrissform auf den Boden und reflektiert es indirekt in den Raum.

Der dritte Raum, der Raum der Namen, ist bis auf drei Sitzbänke leer. Hier wird im Gegensatz zu den anderen drei Themenräumen das Raster des Stelenfeldes nur durch das Format und die Platzierung von Sitzbänken zitiert.

Im letzten der vier Themenräume, im Raum der Orte, dringen die Stelen aus den Wänden heraus auf den Ausstellungsbesucher zu. Im Zentrum steht die geographische Dimension des Holocaust. Die Breitseiten der Kuben dienen als Projektionsflächen für historisches Film- und Photomaterial.
Auftakt
Der Weg zum ersten Ausstellungsraum führt durch die Foyers 1 und 2. Hier erhalten die Besucher Grundinformationen zum historischen Kontext (1933 bis 1945), um die Inhalte der vier Themenräume einordnen zu können. Die wichtigsten Ereignisse dieser Jahre werden in Form eines horizontal angelegten Text-Bild-Streifens entlang der westlichen Wand veranschaulicht.

Von der Stirnwand des Foyers blicken den Ausstellungsbesuchern sechs großformatige Gesichter entgegen. Diese Porträts repräsentieren die sechs Millionen jüdischen Opfer; als Resultat der vorab geschilderten politischen Ereignisse. Jedes Bild vertritt eine spezifische Geschlechts- und Altersgruppe: Männer und Frauen, Kinder, Erwachsene und Alte.
Raum der Dimensionen
Im ersten Ausstellungsraum wird die europäische Dimension des Holocaust durch ein umlaufendes Band der jüdischen Opferzahlen aller Länder unter nationalsozialistischer Herrschaft (nach den Grenzen von 1937) und exemplarische Zitate aus Selbstzeugnissen Verfolgter verdeutlicht.
Von den meisten der in die Vernichtung deportierten Menschen sind keine Spuren geblieben. Zwischen 5,4 und knapp 6 Millionen Juden sind im nationalsozialistisch beherrschten Europa ermordet worden. Die Zahlenspanne beruht auf Dokumenten der Täter und statistischen Erhebungen der damals zwanzig, heute achtundzwanzig europäischen Staaten, aus denen die Ermordeten stammten. Auch diese Überlieferung ist lückenhaft. Mit Absicht haben die Täter Hinweise auf die Ermordeten und ihre Lebenszusammenhänge beseitigt; Dokumente sind zerstört worden oder im Krieg verloren gegangen.
Nur wenige der ermordeten jüdischen Kinder, Frauen und Männer konnten Zeugnisse ihres persönlichen Leidens hinterlassen: entstanden in großer Not und teilweise in den letzten Augenblicken vor dem Tod geschrieben. Die Angehörigen und die Welt sollten erfahren, was mit ihnen geschah. Die oft nur in Bruchstücken erhaltenen Tagebücher, Abschiedsbriefe oder Notizen werfen heute Schlaglichter auf ihre Erfahrungen, Gefühle und ihr Handeln angesichts von Gewalt und tödlicher Bedrohung.

Raum der Familien
Anhand von 15 jüdischen Familienschicksalen werden in diesem Raum unterschiedliche soziale, nationale, kulturelle und religiöse Lebenswelten dargestellt. Dadurch wird der Kontrast zwischen dem Leben vor, während und nach der Verfolgung, die Zerstörung dieser Kultur sowie der damit verbundene Verlust veranschaulicht. Photos und persönliche Dokumente berichten von Auflösung, Vertreibung und Vernichtung dieser Familien und ihrer Mitglieder.
Die Geschichten jüdischer Familien spiegeln die Vielfalt der Lebenswelten der europäischen Juden vor dem Holocaust wider. In der Familie wurden religiöse Traditionen gepflegt und weitergegeben. Die hier gezeigten Geschichten machen aber auch den Wandel deutlich, den die europäischen Juden seit dem Erstarken religiöser und politischer Reformbewegungen im 19. Jahrhundert durchliefen. Die Veränderungen zwischen den Generationen sind in den ausgestellten Porträts deutlich erkennbar. Angesichts des zunehmenden Antisemitismus in den 1930er Jahren bot die Familie – neben der jüdischen Gemeinde – einen wichtigen Rückhalt für die Verfolgten. Die deutsche Besatzungsherrschaft in großen Teilen Europas riss nahezu alle familiären Verbindungen auseinander, bis zu sechs Millionen Menschen fielen dem Massenmord zum Opfer. Die wenigen Überlebenden haben häufig ihre gesamte Verwandtschaft verloren. Ihre Lebenswelt und ihr kulturelles Umfeld waren ausgelöscht. Im Gegensatz zu den hier ausgestellten Familiengeschichten blieben häufig nicht einmal einzelne Photographien erhalten.
Raum der Namen
Im Raum 3 befindet sich durch das Verlesen von Kurzbiographien ermordeter bzw. verschollener Juden der dramaturgische Höhepunkt der Ausstellung. Hier wird versucht, die unfassbare Zahl von sechs Millionen getöteter Juden in ihrer Abstraktion aufzulösen und die Opfer aus ihrer Anonymität zu befreien. Zu jedem Menschen wird dessen Name, Geburts- und Sterbejahr jeweils auf die vier Wände zeitgleich projiziert.
Die Nationalsozialisten und ihre Helfer entrissen Millionen Juden ihrer Heimat, Kultur und Lebenswelt. Ihre sterblichen Überreste fanden meist keine Begräbnisstätte, sondern wurden verscharrt oder verbrannt. Nur wenig zeugt heute noch von der Existenz der Ermordeten. In vielen Fällen sind nicht einmal mehr ihre Namen bekannt. Aussagen von Zeugen und die Ergebnisse der historischen Forschung ermöglichen es, der Toten individuell zu gedenken. Die Biografien zu rekonstruieren ist ein schwieriger und langwieriger Prozess. Die in diesem Raum präsentierten Informationen entsprechen dem derzeitigen Wissensstand. Die Suche geht aber weiter. Die Verlesung der Namen und Lebensgeschichten aller Opfer in der hier präsentierten Form würde circa sechs Jahre, sieben Monate und 27 Tage dauern.
Für eine vertiefende und individuelle Nachforschung stellt die Gedenkstätte Yad Vashem in Israel ihre Namenssammlung von während des Holocaust ermordeten Juden zur Verfügung. Diese ist den Ausstellungsbesuchern im Foyerbereich 3 als Datenbank zugänglich.
In den letzten fünfzig Jahren hat Yad Vashem etwa 3,2 Millionen Namen gesammelt. Auf einzelnen Seiten, den »Pages of Testimony«, haben Überlebende Zeugnis von Verschwundenen und Ermordeten abgelegt. Diese Dokumente, manche mit Photos versehen, halten die Erinnerung an die Opfer wach und werden in der Halle der Namen, der »Hall of Names«, aufbewahrt. In einer »gänzlich unselbstverständlichen Geste« (Wolfgang Thierse) hat Yad Vashem zugesagt, diese Datenbank der Stiftung für den Raum der Namen im Ort der Information zur Verfügung zu stellen.
Die Erstellung der Tonaufnahmen im Raum 3 ist aufwendig. Doch weil möglichst viele Namen und Informationen über Opfer vor dem Vergessen bewahrt und die Erinnerung an die Ermordeten auf diese Weise wachgehalten werden sollen, hat sich der »Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V.« dankenswerterweise bereit erklärt, die Produktion durch seine Spendeneinnahmen mit zu finanzieren. Dies wurde zwischen Lea Rosh und Prof. Dr. Eberhard Jäckel für den Vorstand des Förderkreises und der Stiftung vereinbart.
Raum der Orte
Ein weiteres Anliegen des Orts der Information ist es, den Mord an den Juden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten in seiner Ausdehnung auf ganz Europa darzustellen.
Im Raum der Orte wird historisches Film- und Photomaterial zu etwa 200 Orten der Verfolgung und Vernichtung der Juden und anderer Opfergruppen gezeigt. Diese umfassen Massenerschießungen, Vernichtungs- und Konzentrationslager, Ghettos und Euthanasiestätten, aber auch Deportationswege und Todesmärsche. Den sieben größten Vernichtungslagern und Babij Jar wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Über Audiostationen kommen Zeitzeugen zu Wort. Man hört Berichte und Erinnerungen, die sich auf diese acht Orte beziehen. Die Besucher können in eine Art ungestörten Dialog mit Zeitzeugen treten und gewinnen so einen Eindruck von den individuellen Erfahrungen der Opfer mit Gewalt und Tod.
Portal
»Die authentischen Stätten des Gedenkens«
Der »Ort der Information über die zu ehrenden Opfer und die authentischen Stätten des Gedenkens«, wie es im Bundestagsbeschluss vom 25. Juni 1999 heißt, steht nicht in Konkurrenz zu anderen Einrichtungen des Gedenkens; im Gegenteil, er will auf sie verweisen. Besonderes Gewicht legt die Stiftung daher auf die »Portalfunktion« des Orts der Information. An zentraler Stelle im Herzen Berlins wird deshalb ein Zugang zur vielfältigen Erinnerungslandschaft der Bundesrepublik und Europas entstehen.
Im großzügig gestalteten Ausgangsfoyer des Orts der Information wird den Besucherinnen und Besucher mittels eines interaktiven »Gedenkstättenportals« ein virtueller Einblick in die historischen Orte des Gedenkens, Forschungseinrichtungen und themenverwandte Museen in Deutschland und in Europa geboten. Insbesondere für die benachbarten Einrichtungen wie die Topographie des Terrors und das Jüdische Museum, aber auch das Haus der Wannseekonferenz und weitere Gedenkstätten in Berlin und Brandenburg wird es praktische Hinweise zu Öffnungszeiten, Bus- und Bahnverbindungen geben. Das »Portal« ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern außerdem, sich über Gedenkstätten in unmittelbarer Nähe zu ihrem jeweiligen Heimatort zu informieren.

Andere Opfer nationalsozialistischer Verfolgung
In Zusammenarbeit mit dem Beirat entwickelte die Stiftung darüber hinaus ein Konzept, wie die anderen Opfergruppen nationalsozialistischer Verfolgung in die Präsentation am Ort der Information einbezogen werden. Ziel dieser Überlegungen war es, eine Hierarchisierung der Opfergruppen zu vermeiden, ihre würdige Erwähnung zu erreichen und neue, nicht ortsgebundene Formen des Gedenkens zu entwickeln.
Das Denkmal in der Diskussion
Im zentralen Empfangsraum des Orts der Information ist eine Datenbank eingerichtet, an der sich die Besucher über die lange Vorgeschichte des Denkmalprojekts und die Debatten während der Planungs- und Bauzeit informieren können. Diese Datenbank enthält u.a. eine Auswahl von über 500 Presseartikeln zu allen wichtigen Etappen des Projekts und weitere wichtige Dokumente wie den ersten Aufruf der Initiative um die Publizistin Lea Rosh, auf die das Denkmal zurückzuführen ist, sowie eine Chronik der Jahre 1988 bis 2005. Die Datenbank informiert aber auch über weitere Entwürfe aus den zwei Ideenwettbewerben, die ebenfalls zur Diskussion standen, sowie über die Bundestagsdebatte von 1999, die mit einem klaren Votum zum Bau des Denkmals endete. Mit dieser Datenbank, die aufgrund eines Beschlusses des Kuratoriums der Stiftung eingerichtet wurde, erhält der Besucher auch einen Eindruck von der Ernsthaftigkeit und Vielfalt der Problemstellungen, die bei der Realisierung dieses Projektes zu klären waren.

Stelenfeld
Der am 25. Juni 1999 beschlossene Entwurf (»Eisenman II«) sieht ca. 2.700 Betonpfeiler (Stelen) vor, die in einem Raster angeordnet werden. Sie sind ca. 0,95 m tief und 2,38 m breit und unterscheiden sich nur in der Höhe voneinander. Die Stelen stehen auf einem sanft, aber unregelmäßig abgesenkten Gelände von ca. 19.000 m². Man kann von allen vier Seiten in diese vollständig begehbare Struktur eintauchen, deren wellenförmige Gestalt von jedem Standort aus anders wahrgenommen wird.
Der außergewöhnliche, mehrfach überarbeitete Entwurf des international renommierten New Yorker Architekten Peter Eisenman stellt eine radikale Auseinandersetzung mit dem herkömmlichen Begriff eines Denkmals dar.
»Ausmaß und Maßstab des Holocaust machen jeden Versuch, ihn mit traditionellen Mitteln zu repräsentieren, unweigerlich zu einem aussichtslosen Unterfangen. [...] Unser Denkmal versucht, eine neue Idee der Erinnerung zu entwickeln, die sich deutlich von Nostalgie unterscheidet. [...] Heute können wir die Vergangenheit nur durch eine Manifestation in der Gegenwart verstehen.« (Peter Eisenman, 1998)
Im Westen des Stelenfelds sind 41 Bäume (u. a. Kiefern, Linden, Geweihbäume) in lockeren Gruppen als Übergang zum Tiergarten gepflanzt. Der Boden des Stelenfelds ist mit Betonsteinen gepflastert. Für Behinderte, vor allem für Rollstuhlfahrer, sind spezielle Passagen durch das Stelenfeld markiert.
Denkmal für die ermordeten Juden Europas
von Peter Eisenman
Architektur handelt von Monumenten und Gräbern, sagte der Architekt Adolf Loos an der Wende zum 20. Jahrhundert. Damit meinte er, dass eines menschlichen Individuums durch einen Stein, eine Tafel, ein Kreuz oder einen Stern gedacht werden kann. Seit dem Holocaust, seit Hiroshima, seit der Existenz des Mechanismus der Massentötung gilt diese einfache Idee nicht mehr. Heute kann ein Individuum nicht mehr sicher sein, eines individuellen Todes zu sterben, und Architektur kann nicht mehr wie bisher an das Leben erinnern. Die Markierungen, die früher Symbole eines individuellen Todes waren, müssen nun geändert werden und dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Idee der Erinnerung und des Monuments. Das Ausmaß und der Maßstab des Holocaust machen jeden Versuch, ihn mit traditionellen Mitteln zu repräsentieren, unweigerlich zu einem aussichtslosen Unterfangen. Die Erinnerung an den Holocaust kann niemals Nostalgie sein.

Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas steht im Kontext der Enormität des Banalen. Das Projekt stellt die einem System mit scheinbar rationaler Struktur innewohnende Instabilität und das Potential zu deren allmählicher Auflösung dar. Es verdeutlicht, dass ein vorgeblich rationales und geordnetes System den Bezug zur menschlichen Vernunft verliert, wenn es zu groß wird und über seine ursprünglich intendierten Proportionen hinauswächst. Dann beginnen die allen scheinbar geordneten Systemen eigenen Störungen und Chaospotentiale offen zu Tage zu treten und es wird klar, dass alle geschlossenen Systeme mit einer geschlossenen Ordnung versagen müssen.

Auf der Suche nach Instabilität in einem vorgeblich stabilen System liegt dem Entwurf ein strenges Raster von ca. 2.700 Betonpfeilern bzw. Stelen zugrunde, die alle 0,95 m breit und 2,38 m lang sind und in ihrer Höhe von 0 bis 4 m variieren. Die Pfeiler haben einen Abstand von 0,95 m voneinander, der eine nur individuelle Durchquerung des Rasters erlaubt. Die Höhendifferenz zwischen unterer und oberer Ebene der Pfeiler scheint zufällig und belanglos, als sei es eine reine Frage des Ausdrucks; dies ist jedoch nicht der Fall. Jede Ebene ist durch die Schnittpunkte der Leerstellen des Pfeilerfelds mit den Rasterlinien des größeren urbanen Kontexts von Berlin bestimmt. Dies resultiert in einer scheinbar fehlerhaften Verschiebung der Struktur des Rasters, die dazu führt, dass sich nicht-bestimmbare Räume innerhalb der scheinbar strengen Ordnung des Denkmals entwickeln. Die so entstehenden Räume verdichten, verengen und vertiefen sich und eröffnen von jedem Punkt der Feldstruktur aus eine vielschichtige Erfahrung. Diese Bewegung im Feld erschüttert jeglichen Begriff einer absoluten Axialität und macht stattdessen die Realität einer allseitigen Ausrichtung offenbar. Die Illusion von Ordnung und Sicherheit sowohl im inneren Achsensystem als auch im umgebenden Straßennetz wird somit zerstört.

Unverändert bleibt die Idee, dass die Pfeiler den Raum zwischen zwei sich entfaltenden Rastern einnehmen und so die obere Ebene auf Augenhöhe formen. Die Weise, in der sich diese beiden Systeme zueinander verhalten, beschreibt zugleich eine Zone der Instabilität. Diese Instabilitäten oder Unregelmäßigkeiten überlagern sowohl die Topographie des Geländes als auch die obere Ebene des Feldes der Betonpfeiler. So wird eine wahrnehmbare und konzeptionelle Divergenz zwischen der Topographie des Geländes und der Topographie der Stelenoberflächen geschaffen. Diese Divergenz bezeichnet einen Unterschied in dem Begriff von Zeit, den der Philosoph Henri Bergson den Unterschied zwischen chronologischer, erzählender Zeit und Zeit als Dauer nennt. Durch die Wiedergabe dieses Unterschieds in der Konzeption des Denkmals entsteht Raum für Verlust und Kontemplation, für Elemente der Erinnerung.

Der Ort der Information ist entwurflich so eingefügt, dass mögliche Störungen des Stelenfelds minimiert werden. Dessen Masse, Gewicht und Dichte scheinen spürbar auf dem Einzelnen zu lasten und ihn zu vereinnahmen. Durch die räumliche Organisation des Orts der Information werden die Stelen des Stelenfelds in den Ort hinein erweitert und erzeugen im Inneren einen anhaltenden Zustand der Reflektion und Kontemplation. Die Stelen manifestieren sich in Form einer Kassettendecke mit Rippen, deren Breiten dem Abstand zwischen den Stelen im Feld entsprechen. Die Präsenz dieser Elemente wird von den Wänden unterlaufen, die nach einem klassischen 9-Quadrate-Raster ausgelegt sind. Dieses gegen die Logik des Pfeilerfelds gerichtete Raster macht jegliches paradigmatische Verständnis des Arrangements unmöglich. Der dadurch entstehende Bezugsrahmen führt zur Verunsicherung und isoliert den Einzelnen durch eine beunruhigende persönliche Erfahrung. Der harten Materialität der Betonstruktur des Orts wird die Sequenz einer technologisch avancierten Informationsausstellung gegenübergestellt, die eine flüchtige, für Reflektionen geeignete Dimension der Verinnerlichung erzeugt. Der Schein der hinterleuchteten Bilder und Texte soll zur Dematerialisierung der Wände des Orts führen, so dass die Stelen wie eine topographische Ausweitung des Stelenfelds wirken.

In einem vorausschauenden Moment unterscheidet Marcel Proust in seinem Buch »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« zwei unterschiedliche Arten der Erinnerung: Eine in der Vergangenheit liegende Nostalgie, die mit einer Sentimentalität verbunden ist, die sich der Dinge nicht erinnert, wie sie waren, sondern wie wir sie erinnern wollen und eine lebendige Erinnerung, aktiv in der Gegenwart und frei von Nostalgie für eine erinnerte Vergangenheit. An den Holocaust kann nicht mit sentimentaler Nostalgie erinnert werden, denn der Horror des Holocaust hat die Verbindung von Nostalgie und Erinnerung für immer ausgelöscht. Das Gedenken an den Holocaust kann nur eine lebendige Form haben, in welcher die Vergangenheit aktiv in der Gegenwart bleibt.

In diesem Zusammenhang versucht das Denkmal eine neue Idee der Erinnerung zu entwickeln, die sich deutlich von Nostalgie unterscheidet. Wir schlagen vor, dass die Zeit des Denkmals, seine Dauer sich von der Zeit der menschlichen Erfahrung und des Verstehens unterscheidet. Das traditionelle Denkmal wird durch sein symbolisches Bildprogramm verstanden, durch das, was es repräsentiert. Ein solches Denkmal wird nicht mit der Zeit verstanden, sondern unmittelbar im Raum; es wird gleichzeitig gesehen und verstanden. Auch in traditioneller Architektur wie z.B. in Labyrinthen und Irrgärten gibt es ein Raum-Zeit-Kontinuum zwischen Erfahrung und Wissen: Man hat das Ziel, seinen Weg hinein- und hinauszufinden.

In unserem Denkmal gibt es kein Ziel, kein Ende, keinen Weg hinein oder heraus. Die Zeit der Erfahrung des Individuums gewährt kein weiteres Verstehen, denn ein Verstehen ist nicht möglich. Die Zeit des Denkmals, seine Dauer von seinem oberen bis zu seinem unteren Ende, ist getrennt von der Zeit seiner Erfahrung. In diesem Zusammenhang gibt es keine Nostalgie, keine Erinnerung an die Vergangenheit, nur die lebendige Erinnerung der individuellen Erfahrung. Heute können wir die Vergangenheit nur durch ihre Manifestation in der Gegenwart verstehen.

(Übersetzung: Dr. Günter Schlusche)
Anzahl und Produktion der Betonstelen
Anzahl der Stelen
Insgesamt wurden 2.711 Stelen von 0,95 Meter Breite und 2,38 Meter Tiefe produziert und montiert. Darunter sind 811 Stelen mit Höhen von 0,2 bis zwei Meter, 916 Stelen mit Höhen von zwei bis 3,5 Meter und 872 Stelen mit Höhen von 3,5 bis 4,7 Meter. 112 ebenerdig eingebaute Stelen (Konstruktionshöhe 0,2 Meter) befinden sich in den Randbereichen des Stelenfelds und im öffentlichen Gehweg.
Gründung der Stelen
Die Stelen sind auf sog. Streifenfundamenten gegründet, die quer zur Längsausrichtung der Stelen in die unterschiedlich hohen Terrassen des Stelenfelds eingebaut wurden. Diese Streifenfundamente erhielten Aufsätze aus Beton, auf denen die Stelen mit ihren unterschiedlichen Neigungen fixiert wurden (vier Aufsätze pro Stele). Durch die unterschiedliche Neigung und Höhe jeder Stele entsteht der wellenförmige Eindruck, den der Betrachter des Stelenfelds von außen hat.

Probestelen und Referenzstelen
Schon vor der Auftragsvergabe haben die Stiftung und der Architekt mehrere Serien von Probestelen produzieren lassen, bei denen unterschiedliche Konstruktionsarten, Färbungen und Betonqualitäten getestet wurden. Daraufhin wurde die Ausführungsentscheidung vom Architekten getroffen und der Ausschreibung zugrundegelegt. Nach Auftragsvergabe hatten die Stiftung und der Senat sich mit der Firma Geithner (Wilhelmshaven/Niederlassung Joachimsthal) auf ein anspruchsvolles Verfahren zur Qualitätssicherung verständigt, das von der Firma Geithner auf Grundlage der Vorgaben des Architekten entwickelt wurde.
Die Firma Geithner hat vor Beginn der Serienproduktion ca. zehn »Referenzstelen« hergestellt, die der Architekt und der Bauherr am 14. August 2003 abgenommen haben. An diesen Referenzstelen wurde die Qualität jeder einzelnen Stele vor der Endmontage geprüft. Die Stelen wurden im Werk zertifiziert und erst nach Freigabe durch den Architekten Prof. Eisenman und sein Planungsteam im Stelenfeld endgültig montiert. Pro Tag wurden in Abhängigkeit von der Größe 16 Stelen und pro Woche 60 Stelen im Werk hergestellt. Der Montageprozeß auf dem Baugelände, der wegen der unterschiedlichen Neigung und Höhe der Stelen sehr anspruchsvoll war, konnte im Dezember 2004 abgeschlossen werden.
Bewehrung und Betonqualität der Stelen
Die Stelen erhielten eine Bewehrung aus Stahl und wurden aus hochfestem Beton in speziell anfertigten Stahlschalungen im Werk Joachimsthal der Firma Geithner gegossen. Die Firma Geithner hatte zusammen mit anerkannten Betonexperten (Prof. Dr. Müller, Karlsruhe; Prof. Dr. Hillemeier, Berlin), die von ihr bzw. von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung benannt wurden, eine Betonrezeptur und ein Verfahren zur Herstellung der Stelen entwickelt, mit dem die besonders hohen Qualitätsansprüche an die Bauausführung gewährleistet werden. Zugleich erhielten die Stelen im Werk eine spezielle Oberflächenbehandlung mit dem Degussa-Produkt »Protectosil«, durch das der Beton vor Witterungseinflüssen und Auswaschungen weitgehend geschützt ist und das zugleich als Graffiti-Schutz fungiert.


Besucherordnung für das Stelenfeld
(1) Das Stelenfeld darf grundsätzlich nur zu Fuß und im Schritt-Tempo durchquert werden.
(2) Für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer sind 13 gekennzeichnete Gänge geeignet. Diese Gänge haben ein max. Gefälle von 8 %.
(3) Der Besuch des Stelenfeldes erfolgt auf eigene Gefahr – Warnhinweise: – Sämtliche Längs- und Querachsen sind lediglich 0,95 m breit. – Die kreuzenden Wegachsen sind nur in wenigen Teilbereichen einsehbar. Vorsicht ist geboten.
(4) Nicht gestattet ist: – Lärmen, lautes Rufen, das Benutzen von Musikinstrumenten sowie der Betrieb von Rundfunk- und Tonträgergeräten, soweit über den persönlichen Hörbereich hinausgehend, – das Lagern im Stelenfeld, auf Stelen zu klettern, von Stele zu Stele zu springen und sich in Badebekleidung auf einer Stele zu sonnen, – das Mitführen von Hunden, – das Mitführen von Fahrrädern, Skateboards, Roller-Blades, Rollschuhen, – Fahr- und Motorräder an den äußeren Stelen abzustellen, – das Rauchen, der Genuss alkoholischer Getränke und Grillen, – das Stelenfeld zu verunreinigen.
(5) Anordnungen und Anweisungen des ausgewiesenen Sicherheitspersonals sind zu befolgen.
Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Stresemannstr. 90, 10963 Berlin

Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas
Die Realisierung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas sowie die Planung und Verwirklichung des ergänzenden Orts der Information sind mit Wirkung vom 6. April 2000 Aufgaben der selbständigen »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas«, einer Stiftung des öffentlichen Rechts. Sie übt die Bauherrenfunktion für das Denkmal aus und wird nach Abschluss der Bauarbeiten für den Unterhalt des Denkmals verantwortlich sein. Das Stiftungsgesetz verpflichtet die Stiftung zudem dazu beizutragen, »die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus und ihre Würdigung in geeigneter Weise sicherzustellen«.
Kuratorium
Das Kuratorium der Stiftung beschließt über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören. Ihm obliegt die gesetzliche und gerichtliche Vertretung der Stiftung.
Es wählt den Vorstand aus den Kuratoriumsmitgliedern, bestellt den Beirat und setzt den/die Geschäftsführer/in ein. Das Kuratorium besteht aus 22 Mitgliedern. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Bundesregierung, das Land Berlin, der Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V., der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Jüdische Gemeinde Berlin, das Jüdische Museum Berlin, die Stiftung Topographie des Terrors und die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten in Deutschland entsenden ihre Vertreterinnen und Vertreter. Aus seinen Reihen wählt das Kuratorium den Vorstand, es bestellt den Beirat und setzt die Geschäftsführerin oder den Geschäftsführer ein.
Vorstand
Der vom Kuratorium auf vier Jahre bestellte dreiköpfige Vorstand der Stiftung realisiert die Beschlüsse des Kuratoriums, führt die Geschäfte der Stiftung und unterhält eine Geschäftsstelle.
Zur Zeit gehören ihm Bundestagspräsident Wolfgang Thierse als Vorsitzender, und Staatsministerin Dr. Christina Weiss, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, sowie Dr. Thomas Flierl, Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin, als Stellvertreter an.
Beirat
Darüber hinaus hat das Kuratorium - wie im Stiftungsgesetz vorgesehen - einen Beirat einberufen. Darin arbeiten Vertreterinnen und Vertreter von 15 verschiedenen Einrichtungen, darunter Überlebendenverbände, historische Forschungseinrichtungen, Museen, Gedenkstätten und Jugendinitiativen. Zum Sprecher wurde Professor Wolfgang Benz, Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, gewählt. Der Schwerpunkt der Beiratsarbeit liegt vor allem darin, alle Opfer nationalsozialistischer Verfolgung in die Arbeit der Stiftung einzubeziehen und die Erinnerung an die Diskriminierung, Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung von Menschen im öffentlichen Gedächtnis wachzuhalten. Mit Unterstützung des Beirats veranstaltet und initiiert die Stiftung - oft in Kooperation mit anderen Institutionen - Vortragsreihen, Ausstellungsprojekte und Publikationen. Außerdem wurde auf Anregung des Beirats die Jugendwebseite »Kinder und Jugendliche als Opfer der NS-Verfolgung« erstellt. Anhand von fünf Biografien wird über die Verfolgungsschicksale verschiedener Opfergruppen informiert.
Geschäftsstelle der Stiftung
Die vom Vorstand unterhaltene Geschäftsstelle führt die Beschlüsse des Kuratoriums aus, koordiniert die laufende Arbeit und begleitet sie wissenschaftlich. Unter Leitung des Geschäftsführers, Uwe Neumärker, arbeiten hier zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind folgenden Arbeitsbereichen zugeordnet: der Betreuung des Denkmals und des Orts der Information, der wissenschaftlichen Arbeit und der Erweiterung der Ausstellung im Ort der Information, der Gremienarbeit der Stiftung, der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der allgemeinen Verwaltung.
Das Stiftungsgesetz
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2000 Teil I Nr. 10,
ausgegeben zu Bonn am 22. März 2000
Gesetz zur Errichtung einer
»Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas«
vom 17. März 2000
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 - Errichtung und Rechtsform
Unter dem Namen »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« wird eine rechtsfähige bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin errichtet. Die Stiftung entsteht mit Inkrafttreten dieses Gesetzes.
§ 2 - Stiftungszweck
(1) Zweck der Stiftung ist die Verwirklichung des Grundsatzbeschlusses des Deutschen Bundestages vom 25. Juni 1999 (Drucksache 14/1238) zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas.
(2) Dazu leistet die Stiftung insbesondere Folgendes:
1. Ausübung der Bauherrenfunktion für die Verwirklichung des Entwurfs eines Stelenfeldes von Peter Eisenman (»Eisenman II«),
2. Planung und Verwirklichung der Ergänzung des Stelenfeldes durch einen Ort der Information über die zu ehrenden Opfer und die authentischen Stätten des Gedenkens,
3. Unterhaltung des Denkmals.
(3) Die Stiftung trägt dazu bei, die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus und ihre Würdigung in geeigneter Weise sicherzustellen.
§ 3 - Stiftungsvermögen, Gemeinnützigkeit
(1) Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Errichtung einer »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« gehen die von der Bundesrepublik Deutschland für die unselbständige »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« bereitgestellten und erworbenen beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenstände in das Eigentum der Stiftung über.
(2) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhält die Stiftung einen jährlichen Zuschuss des Bundes nach Maßgabe des jeweiligen Bundeshaushalts.
(3) Die Stiftung ist berechtigt, Zuwendungen von dritter Seite anzunehmen.
(4) Mittel der Stiftung sind nur im Sinne des Stiftungszwecks zu verwenden.
(5) Die Stiftung verfolgt unmittelbar und ausschließlich gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts »Steuerbegünstigte Zwecke« der Abgabenordnung. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Stiftung fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.
§ 4 - Organe der Stiftung
(1) Organe der Stiftung sind:
1. das Kuratorium
2. der Vorstand.
(2) Es wird ein Beirat bestellt.
(3) Die Stiftung hat eine Geschäftsstelle und einen Geschäftsführer / eine Geschäftsführerin.
§ 5 - Kuratorium
(1) In das Kuratorium entsenden:
1. Der Deutsche Bundestag
- den Präsidenten / die Präsidentin des Deutschen Bundestags
- und aus den im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen pro angefangene 100 Mitglieder je ein Mitglied,
2. die Bundesregierung zwei Mitglieder,
3. der Senat des Landes Berlin zwei Mitglieder,
4. der Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas e. V. drei Mitglieder,
5. der Zentralrat der Juden in Deutschland zwei Mitglieder,
6. die Jüdische Gemeinde Berlin ein Mitglied,
7. das Jüdische Museum Berlin ein Mitglied,
8. die Stiftung Topographie des Terrors ein Mitglied,
9. die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten in Deutschland ein Mitglied.
Die Mitglieder können ihre Stimme auf ein anderes Mitglied des Kuratoriums übertragen oder sich durch schriftliche Einzelvollmacht vertreten lassen, wenn sie aus wichtigen Gründen an der Sitzungsteilnahme gehindert sind.
(2) Das Kuratorium beschließt über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören, insbesondere
1. die Berufung des Vorstands und des Geschäftsführers / der Geschäftsführerin,
2. den vom Vorstand aufzustellenden Haushaltsplan,
3. die Berufung der Mitglieder des Beirats.
Das Kuratorium überwacht die Tätigkeit des Vorstands und der Geschäftsführung.
(3) Den Vorsitz führt der Präsident / die Präsidentin des Deutschen Bundestags oder sein Stellvertreter / seine Stellvertreterin. Der Stellvertreter / die Stellvertreterin wird vom Kuratorium aus seiner Mitte berufen.
(4) Die Sitzungen werden im Auftrag des / der Vorsitzenden des Kuratoriums durch den Vorstand einberufen. Das Kuratorium ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend oder vertreten ist. Das Kuratorium trifft seine Entscheidungen mit einfacher Mehrheit.
Bei Stimmgleichheit gibt die Stimme des / der Vorsitzenden den Ausschlag.
(5) Die entsendenden Institutionen können die von ihnen entsandten Mitglieder abberufen und durch neue Mitglieder ersetzen.
§ 6 - Vorstand
(1) Der Vorstand besteht aus dem / der Vorsitzenden und zwei Stellvertretern / Stellvertreterinnen. Er wird vom Kuratorium jeweils auf vier Jahre bestellt. Er führt die Beschlüsse des Kuratoriums aus und führt die Geschäfte der Stiftung.
(2) Der Vorstand unterhält eine Geschäftsstelle, die von einem Geschäftsführer / einer Geschäftsführerin geleitet wird. Der Geschäftsführer / die Geschäftsführerin wird auf Vorschlag des Vorstands vom Kuratorium auf jeweils vier Jahre bestellt. Wiederholte Bestellung ist zulässig.
§ 7 - Beirat
(1) Das Kuratorium bestellt einen Beirat.
(2) Der Beirat besteht aus mindestens zwölf Mitgliedern. Sie werden vom Kuratorium für vier Jahre bestellt. Wiederholte Bestellung ist zulässig.
(3) Der Beirat berät das Kuratorium und den Vorstand.
§ 8 - Ehrenamtliche Tätigkeit
Die Mitglieder des Kuratoriums, des Vorstands und des Beirats sind ehrenamtlich tätig. Sie erhalten Reisekostenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz.
§ 9 - Beschäftigte
Auf die Arbeitnehmer der Stiftung sind die für Arbeitnehmer des Bundes jeweils geltenden Tarifverträge und sonstigen Bestimmungen anzuwenden.
§ 10 - Haushalt, Rechnungsprüfung, Rechtsaufsicht
(1) Für das Haushalts- , Kassen- und Rechnungswesen sowie für die Rechnungslegung der Stiftung gelten die Bestimmungen für die Bundesverwaltung. Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stiftung unterliegt der Prüfung durch den Bundesrechnungshof.
(2) die Stiftung untersteht der Rechtsaufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde.
§ 11 - Satzung
Die Stiftung gibt sich eine Satzung, die vom Kuratorium mit einer Mehrheit von drei Vierteln seiner Mitglieder beschlossen wird. Das Gleiche gilt für Änderungen der Satzung.
§ 12 - Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit dem vierzehnten Tag nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gehen auf die Stiftung sämtliche Rechte und Pflichten über, welche die Bundesrepublik Deutschland für die unselbständige »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« übernommen hat.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet.
Berlin, den 17. März 2000
Der Bundespräsident
Johannes Rau
Der Bundeskanzler
Gerhard Schröder

Von der Idee zur Realisierung
Am 25. Juni 1999 fasste der Deutsche Bundestag nach langer Debatte parteiübergreifend den Beschluss, das »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« zu errichten. Im Herzen Berlins, in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tors und des Reichstagsgebäudes, wurde das Denkmal von April 2003 bis Mai 2005 nach dem Entwurf des New Yorker Architekten Peter Eisenman gebaut und durch einen unterirdisch angelegten Ort der Information ergänzt.
Idee
Das Denkmal ist den jüdischen Opfern des nationalsozialistischen Terrors gewidmet. Es steht unübersehbar im Zentrum Berlins; seine Einbindung in das neuentstandene Parlaments- und Regierungsviertel bedeutet ein Bekenntnis zur historischen Verantwortung. Die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus gehört zum Kern des staatlichen Selbstverständnisses der Bundesrepublik Deutschland.
Durch seine Entstehungsgeschichte ist das Denkmal eng mit demokratischem Engagement und Zivilcourage verbunden. In seiner Offenheit lässt es Raum für persönliches Erinnern, Gedenken und Trauern.
Diskussion
Dem Beschluss des Bundestages war ein langjähriger intensiver Diskussionsprozess vorausgegangen.
Den Anstoß zu dem Vorhaben gab 1988 ein Kreis um die Publizistin Lea Rosh. Dem Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V. gelang es in den folgenden Jahren, große Teile der Öffentlichkeit für die Verwirklichung eines »unübersehbaren Denkmals für die ermordeten Juden Europas« zu gewinnen. Seit Beginn dieser Diskussion hat sich in Deutschland viel verändert. Wiedervereinigung und Umzug von Parlament und Regierung in die alte und neue Hauptstadt Berlin haben dazu geführt, dass das Denkmalprojekt zum Gegenstand einer grundsätzlichen Debatte über das historische Selbstverständnis der Deutschen am Ende des 20. Jahrhunderts wurde. Dieser Prozess der Selbstverständigung war und ist mit lebhafter Kritik und widerstreitenden Gefühlen verbunden. Entsprechend engagiert wurden viele Auseinandersetzungen um das Denkmal geführt.
Allein die schon vor Baubeginn geführte Debatte um das Denkmalprojekt zeigt seine große Bedeutung. Aktive und lebendige Auseinandersetzungen werden das Denkmal und den Ort der Information auch weiterhin begleiten.
Beschluss des Deutschen Bundestages
Beschluss des Deutschen Bundestages vom 25. Juni 1999 zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas
1.1. Die Bundesrepublik Deutschland errichtet in Berlin ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas.
1.2 Mit dem Denkmal wollen wir - die ermordeten Opfer ehren,
· die Erinnerung an ein unvorstellbares Geschehen der deutschen Geschichte wach halten und
· alle künftigen Generationen mahnen, die Menschenrechte nie wieder anzutasten, stets den demokratischen Rechtsstaat zu verteidigen, die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz zu wahren und jeder Diktatur und Gewaltherrschaft zu widerstehen.

1.3 Das Denkmal soll ein zentraler Ort der Erinnerung und der Mahnung in Verbindung mit den anderen Gedenkstätten und Institutionen innerhalb und außerhalb Berlins sein. Es kann die authentischen Stätten des Terrors nicht ersetzen.
1.4 Das Denkmal wird auf dem dafür vorgesehenen Ort in der Mitte Berlins - in den Ministergärten - errichtet.
1.5 Die Bundesrepublik Deutschland bleibt verpflichtet, der anderen Opfer des Nationalsozialismus würdig zu gedenken.
2. Der Entwurf eines Stelenfeldes von Peter Eisenman (Eisenman II) wird realisiert. Dazu gehört ergänzend im Rahmen dieses Konzepts ein Ort der Information über die zu ehrenden Opfer und die authentischen Stätten des Gedenkens.

3. Es wird eine öffentlich rechtliche Stiftung gegründet, der Vertreter des Deutschen Bundestages, der Bundesregierung, des Landes Berlin und des Förderkreises zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas e.V. angehören. In den Gremien sollen Vertreter der Gedenkstätten, des Zentralrats der Juden in Deutschland und Repräsentanten der Opfergruppen sowie weitere Sachverständige mitwirken. Die Stiftung verwirklicht die Grundsatzbeschlüsse des Deutschen Bundestages. Sie trägt dazu bei, die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus und ihre Würdigung in geeigneter Weise sicherzustellen.
Chronologie
Januar 1989
Im August 1988 schlägt die Publizistin Lea Rosh auf einer Podiumsdiskussion vor, auf dem ehemaligen Gestapo-Gelände in Berlin-Kreuzberg ein »Mahnmal als sichtbares Bekenntnis zur Tat« zu errichten. Im Januar 1989 veröffentlicht Lea Rosh zusammen mit dem Historiker Eberhard Jäckel den ersten Aufruf der Bürgerinitiative »Perspektive Berlin« für die Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Das Vorhaben gewinnt unter anderem die Unterstützung von Willy Brandt und Günter Grass.

Februar 1990
Nach dem Fall der Mauer schlägt der aus der Bürgerinitiative hervorgegangene »Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas« als neuen Standort ein Gelände nördlich der früheren Reichskanzlei in den ehemaligen Ministergärten vor.
April 1992
Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl unterstützt die Initiative zur Errichtung eines Denkmals und erklärt sich bereit, dafür eine Teilfläche des Geländes der ehemaligen Ministergärten zur Verfügung zu stellen.
Frühjahr 1995
Bei einem von der Berliner Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen ausgelobten offenen künstlerischen Wettbewerb für das Denkmal werden 528 Arbeiten eingereicht. Nach Prüfung aller Arbeiten empfiehlt die Jury unter Vorsitz von Walter Jens die Vergabe von zwei ersten Preisen an Simon Ungers (Köln/New York) und an Christine Jackob-Marks, Hella Rolfes, Hans Scheib und Reinhard Stangl (Berlin).
Juni 1995
Bundeskanzler Helmut Kohl spricht sich gegen die Empfehlung der Auslober zur Realisierung der Arbeit von Jackob-Marks, Rolfes, Scheib und Stangl aus. Das Vorhaben gerät in eine ernste Krise.
Juni 1997
Nach Durchführung eines dreistufigen Colloquiums, auf dem internationale Experten das Projekt und den Standort zum Teil äußerst kontrovers diskutieren, verständigen sich die Auslober darauf, an der Konzeption des Denkmals für die ermordeten Juden Europas und am vorgesehenen Standort in den ehemaligen Ministergärten festzuhalten. Sie beschließen, dafür ein neues, engeres Wettbewerbsverfahren einzuleiten sowie eine fünfköpfige Findungskommission einzusetzen. Für dieses Verfahren werden 25 zum Teil international bekannte Architekten und Bildhauer eingeladen.
November 1997
Die Findungskommission empfiehlt die Entwürfe von Peter Eisenman/Richard Serra (New York) und Gesine Weinmiller (Berlin). Die Auslober übernehmen diese Empfehlung und schlagen ergänzend die Entwürfe von Jochen Gerz (Paris) und Daniel Libeskind (Berlin) vor.
Januar/Februar 1998
In der intensiven öffentlichen Debatte über das Projekt und die ausgestellten Arbeiten schält sich der Entwurf von Eisenman/Serra als Favorit heraus. Auf Anregung von Bundeskanzler Helmut Kohl wird der Entwurf von Eisenman/Serra überarbeitet.

Sommer 1998
Der überarbeitete Entwurf (»Eisenman II«) wird von Peter Eisenman vorgelegt, nachdem der Bildhauer Richard Serra sich aus dem Projekt zurückgezogen hat. Wegen des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes kommt es nicht mehr zu weiteren Entscheidungen.
Oktober 1998
Die neugewählte Bundesregierung von SPD und Grünen beschließt in ihrer Koalitionsvereinbarung, die Entscheidung über das Denkmal vom Deutschen Bundestag treffen zu lassen.
Dezember 1998/Januar 1999
Der neue Staatsminister für Kultur und Medien, Michael Naumann, plädiert für eine Kombination des Denkmals mit einem Bibliotheks- und Forschungszentrum, dem »Haus der Erinnerung«, und präsentiert zusammen mit dem Architekten Peter Eisenman dafür einen erneut modifizierten Entwurf (»Eisenman III«).
25. Juni 1999
Nach mehreren Anhörungen und Ausstellungen beschließt der Deutsche Bundestag, ein Denkmal für die ermordeten Juden nach dem Entwurf eines Stelenfelds von Peter Eisenman (»Eisenman II«) auf dem vorgesehenen Standort zu errichten. Es soll um einen »Ort der Information« über die zu ehrenden Opfer und die authentischen Stätten des Gedenkens ergänzt werden. Für die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses wird eine Stiftung eingesetzt.
27. Januar 2000
Auf dem Denkmalgelände wird der symbolische Baubeginn gefeiert.
März 2000
Das Kuratorium der neu gegründeten »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« wählt unter Vorsitz von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse die Politologin Professor Sibylle Quack zur Geschäftsführerin. Gleichzeitig wird eine Arbeitsgruppe aus den Reihen des Kuratoriums eingerichtet, die eine Grundkonzeption für den Ort der Information erarbeitet (zu ihren Mitgliedern zählen Prof. Dr. Eberhard Jäckel, Dr. Andreas Nachama, Prof. Dr. Reinhard Rürup und die Geschäftsführerin, Prof. Dr. Sibylle Quack).
Mai 2000
Das Kuratorium beauftragt den Architekten Professor Peter Eisenman mit einer Machbarkeitsstudie für einen unterirdischen Ort der Information.

November 2000
Der Deutsche Bundestag bewilligt auf Grundlage der von Architekt und Stiftung vorgelegten Kostenschätzung die Summe von 25,3 Millionen Euro für den Bau des Denkmals (Stelenfeld und Ort der Information) sowie von 2,3 Millionen Euro für den Ausstellungsbau und die Erstausstattung des Orts der Information.
Januar 2001
Als Ergebnis eines engeren Auswahlverfahrens beauftragt die Stiftung die Berliner Ausstellungsgestalterin Dagmar von Wilcken mit einem Gestaltungskonzept für den Ort der Information.
Mai 2001
Auf dem Baugelände werden die ersten Probestelen aufgestellt.
November 2001
Die Stiftung veranstaltet ein internationales Symposium zu Denkmal und Ort der Information mit Historikern, Museumspädagogen, Kunsthistorikern und Architekturtheoretikern.
März 2003
Nach Abschluss aller wesentlichen Ausschreibungen und Auswertung der Angebote werden die Aufträge für den größten Teil des Bauvolumens erteilt, darunter die Stelen, der Rohbau des Orts der Information und die Pflasterarbeiten.
April 2003
Im Frühjahr 2003 beginnt der Bau des Denkmals. Gleichzeitig wird am Bauzaun des Baugeländes ein Informationspodest aufgestellt.
Oktober/November 2003
Nach Montage der ersten Stelen führt die öffentliche Diskussion über die Verwendung von Produkten der Firma Degussa bei der Herstellung der Stelen zu einem Beschluss des Kuratoriums, den Einsatz dieser Produkte sowie mögliche Alternativen zu überprüfen. Nach Vorlage eines detaillierten Prüfberichts entscheidet das Kuratorium im November, dass der Bau des Denkmals mit den Produkten der Firma Degussa fortgeführt wird.
März 2004
Nach dem Ausscheiden von Professor Sibylle Quack übernimmt Dr. Hans-Erhard Haverkampf das Amt des Geschäftsführers.

12. Juli 2004
Anlässlich der Fertigstellung der Kassettendecke des unterirdischen Orts der Information wird in Anwesenheit des Architekten das Richtfest gefeiert.
15. Dezember 2004
Öffentlicher Akt zur Montage der letzten von 2.711 Stelen des Stelenfelds.
10. Mai 2005
Feierliche Eröffnung des Denkmals.
12. Mai 2005
Stelenfeld und Ort der Information werden der Öffentlichkeit übergeben.

Standort
Das ca. 19.000 Quadratmeter große Gelände des Denkmals befindet sich am Rande des Großen Tiergartens, zwischen Ebert- und Wilhelmstraße und gehörte bis 1945 zu den Ministergärten. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hatten sich hier staatliche Instanzen und Ministerien Preußens, später des Deutschen Reiches, angesiedelt: Auf dem Bauplatz des Denkmals lagen früher die Gärten der Anwesen Wilhelmstraße 72 und 73.
Gebäude und Grundstück Wilhelmstraße 72 gehörten zunächst Gerichtspräsident Hans Christoph von Görne und kamen Anfang des 19. Jahrhunderts in den Besitz des Preußischen Königs, bis das Reich sie 1919 aus dem Besitz der Hohenzollern erwarb. Im Jahr darauf zog hier das neugegründete Reichsernährungsministerium (später: Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft) ein, das dort seinen Sitz bis zur Zerstörung im Februar 1945 behielt. 1937 ließ sich Reichspropagandaminister Joseph Goebbels auf dem Grundstück eine Dienstvilla errichten; drei Jahre später folgte ein Bunker. Die Trümmer des Gebäudes wurden nach 1945 beseitigt; der Bunker allerdings blieb erhalten.
Die Wilhelmstraße 73 war durch den Bau des Gräflich Sackenschen (auch: Schwerinschen) Palais geprägt. Mitte des 19. Jahrhundert wurde dieser Bau samt Garten vom König gekauft und diente bis zum Ende der Monarchie als Ministerium des Königlichen Hauses. Nachdem das Reich 1919 auch diese Immobilie erworben hatte, richtete es hier den Dienstsitz mit Wohnung für das neugeschaffene Amt des Reichspräsidenten ein. Ab 1938 noch durch Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop genutzt, brannte das Palais in Folge von Bombenangriffen im Frühjahr 1945 aus.
Die Ruinen beider Gebäude wurden zu Beginn der 60er Jahre abgetragen. Die Gärten verschwanden mit dem Bau der Berliner Mauer durch die DDR im Jahre 1961 und wurden Teil des späteren »Todesstreifens«. Nach Abbau der Grenzanlagen der DDR 1989/90 lag das Gelände der früheren Ministergärten brach, bis es zum Standort für das zentrale Holocaust-Denkmal erkoren wurde.
Im April 2003 begannen die Arbeiten am Denkmal, die mit der Eröffnung am 10. Mai 2005 ihren Abschluss fanden. Doch auch die Umgebung war und ist von einem sehr intensiven Baugeschehen geprägt. Im Norden entsteht seit Herbst 2004 die zukünftige Botschaft der USA. Zur Zeit wird deshalb die Behrenstraße in Richtung Denkmalgelände verschwenkt. Hierfür wurden Bäume gefällt und Tiefbauarbeiten durchgeführt. Dahinter steht das Brandenburger Tor. In 400 Meter Entfernung liegt das 1999 vom Bundestag bezogene Reichstagsgebäude, dessen gläserne Kuppel zu einem neuen Wahrzeichen Berlins geworden ist. Im Süden haben die Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Brandenburg ihre Vertretungen beim Bund errichtet. Dahinter ragen die Hochhäuser des Potsdamer Platzes empor. Auch die noch vorhandenen Brachflächen am Leipziger Platz werden derzeit und in den nächsten Jahren bebaut.

Quelle: www.holocaust-mahnmal.de


Ein Beitrag von Kerstin(34)

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